Praulins: The Nightingale (CD Review - Sächsische Zeitung, 2011)

Grenzlos nah am Geschehen

Für die dänische Flötistin Michala Petri scheint nichts unm¨glich. Jetz singt sie wie eine Nachtingall, und die klangtechnik brilliert dazu.

Wenn Michala Petri auftritt, dann lässt sie meist in irgendeiner Weise aufhoren. Da ist keine spur von Gewöhnung und Poutine – und dies, obwohl die Dänin ein Instrument spielt, bei dem mancher gähnend abwinkt: Blockflöte. Die scheinbar endlos wiederkehrenden Muster einer barocken Chaconne von Tomaso Antonio Vitali ermüden sie und auch den Hörer nicht. Viel zu ansteckend ist die Neugier, mit der sie die melodischen Variationen erobert. Seit 20 Jahren musiziert Michala Petri in Duo mit dem Lautenisten Lars Hannibal. Ihre Jubiläums – CD “Virtuoso Baroque” vereint Raritäten mit wohlbekanntem Sonatenwerk- Aber auch Bach, Händel und Telemann klingen hier so unverbraucht und rein, als seien die edlen Schätze gerade erst entdeckt worden.

“Ach Gott, wie ist das schön!”, seufzte der Fischer, al ser vom Uferwald her jene Nachtingall singen hörte, die spatter den Kaiser von China zu Tränen rühren sollte. Der ausgefeilte Gesang der Nachtingall muss jeden faszinieren, der ihn hören kann. Keinen Ersatz, wohl aber neuen Anlass, vor Ergriffenheit zu seufzen, bietet Ugis Praulins, der Hans Christian Andersens Märchen aufgegriffen und in packend lautmalerischer Art für Flöte und Choir vertont hat. Der litausche Komponist ehrt darin die Nachtingall des Dänen mit ¨bersinnlichen Charakterzeichnungen und fordert dabei den Interpreten einiges ab. Keinerlei Mühe, vielmehr höchste Genugtung verspürt man bei Michala Petri und dem Danish National Vocal Ensemble unter Stewphen Layton. Sie haben ”The Nightingale” und zudem drei weitere Werke erstmal eingespielt: ”Nemesis divina” des Schweden Daniel Börtz, ”I” vom Dänen Sunleif Rasmussen sowie ”2 scenes with Skylark” des D¨nen Peter Bruun. Es sind faszinierende Schlaglichter nordischer Musik der letzen fünf Jahre. Singstemmen und Flöte finden dabei in unterschiedlichsten Klanglandschaften und Ausdruckbereichen organisch zusammen.

Die beiden SACDs bieten nicht nur künstlirischen Hochgenuss. Wann die heimische Wiedergabetechnich auf den Prüfstand dtellen, wenn nicht hier? Vor allem kann man fragen, auf welchem teller sich diese Tönträger zu drehen und welcher Wandler ihre Signale aus der digitalen zurück in die analoge Welt holen sollte, um das Optimum an Klangkvalität herauszuholen. Denn das hier verwendete DXD-Format (=Digital eXtreme Definition) bedeutet unvorstellbar viel Information: die achtfache Zahl an Signalabtastungen sowie 256-mal feiner aufgelöste Messwerte gegenüber der herkömmlichen CD. Zuhören lohnt sich. So nah eie an dem, was Michala Petri, Lars Hannibal und die singenden Dänen gezaubert haben, war Digital Audio nur selten am geschehen. “Virtuoso Baroque”, “The Nightingale”, Michala Petri, Lars Hannibal, Danish National Vocal Ensemble, Stephen Layton.

Karsten Blüthgen
Sächische Zeitung

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